Manchmal sieht man das Web vor lauter Apps nicht – deshalb hat Katharina Brunner, unter den diesjährigen „Top 30 bis 30“-Journalisten und Datenexpertin, eine hilfreiche Liste zusammengestellt.
1. Tweetdeck
Twitter ist die neue Nachrichtenagentur. Folgt man genügend Leuten, liefert der Stream im Sekundentakt neue Links mit mittelguten Scherzen, Links zu spannenden Texten oder Fotos zu Großereignissen. Um Twitter wirklich effektiv für die Recherche nutzen zu können, muss der Stream gefiltert werden. Ein praktisches Tool dafür ist Tweetdeck: Den einen großen Nachrichtenfluss teilt man in mehrere kleine auf, nach Hashtag oder Listen, die selbst erstellt oder von anderen Nutzern übernommen werden. Aktuelle Beispiele für meine Einzelstreams: #ddj – für Datenjournalismus, Economists – meine Liste für Ökonomen, Greece – übernommene Liste zur Wirtschaftskrise in Griechenland.
2. Tabula
Vor allem staatliche Organisationen stellen ihre Informationen gerne als PDFs ins Internet, zum Beispiel Daten aufgeschlüsselt nach Bundeslän- dern. Das ist ziemlich blöd für Journalisten, denn Tabelle markieren und in Excel einfügen klappt nur in seltenen, glücklichen Fällen. Das Open-Source-Tool Tabula hilft. Installieren, PDFs hochladen, Tabellen markieren, Rohdaten herunterladen. Nicht immer funktioniert das perfekt, dann muss man Hand anlegen. Die Fehler haben jedoch meist System, zum Beispiel immer nach einer bestimm- ten Anzahl an Zeichen. Mit klugem „Suchen und Ersetzen“ können diese Fehler einigermaßen schnell behoben werden. Vorsicht! Tabula funktioniert nicht bei eingescannten PDFs. Eingescannte PDFs sind der Albtraum jedes Datenjournalisten. Um daraus Informationen zu ziehen, braucht es mehr bessere, kostenpflichtige Tools, Programmierer oder arme Praktikanten, die die Zahlen händisch übertragen.
3. Datawrapper
Das Programm Datawrapper macht es möglich, interaktive Grafiken zu erstellen. Der Arbeitsablauf: Daten, die zum Beispiel mit Hilfe von Tabula geerntet wurden, in ein Feld kopieren. Danach auswählen, welches von mehreren Diagrammen daraus werden soll. Überschrift, Quellenangaben, Farben anpassen – und fertig. Datawrapper funktioniert einfach und macht deshalb klar: Die Schwierigkeit besteht nicht darin, aus Daten eine bunte Grafik zu basteln, sondern darin, sich zu überlegen, welche Daten wie optimal visualisiert werden. Drei einfache Regeln: Erstens nie die vertikale Achse abschneiden, sie muss immer bei Null starten. Zweitens: Mengen als Balkendiagramme. Drittens: Zeitverläufe als Liniendiagramme.
4. Workflowy
Wie organisiert man Recherchen? Man hat Links, Textfetzen, Zitate, To-Do-Listen, Telefonnummern. Eine Methode: irgendein Textdokument. Eine andere: an verschiedenen Orten – je nach Art – speichern. Beides irgendwie nicht ideal. Mein aktuelles Tool dafür, Recherchematerial an einem Ort zu speichern: Workflowy. Der Cloud basierte Dienst ist im Grunde ein einzelnes Textdokument, hinter dem sich mit einem Klick viele, viele Seiten verbergen können. Ein bisschen wie das Kaninchenloch von Alice im Wunderland.
5. Digg Reader
RSS-Feeds, für die jüngeren unter den Lesern, sind das Print-Abo des Internets. Von jeder Seite bekommt man jeden einzelnen Beitrag geliefert – ohne befürchten zu müssen, der wirklich spannendste von allen jemals gelesenen Texten geht im Twitter- oder Facebook-Stream unter. Vor allem Blogs haben einen RSS-Feed, oft auch andere Online-Medien oder die News-Abteilungen in Ministerien. Mit Hilfe eines Programms können alle Beiträge verfolgt werden. Besonders sinnvoll ist das bei Fachblogs zum eigenen Thema. Mein Dienst der Wahl: der Digg Reader. Digg aggregiert nicht, sondern zeigt in einer Liste alle Posts ohne Gewichtung an.
Als Katharina Brunner etwa zehn Jahre alt war, hat sie – analog und händisch – aus einem dreibän- digen Brockhaus herausgesucht und als Top-10- Listen in ein Heft geschrieben: die größten Länder, die längsten Flüsse, die größten Städte. Ganz verkehrt ist sie im Datenjournalismus wohl nicht. Auf Twitter findet ihr sie unter @cutterkom.