von Marco M. Runge
Gero Himmelsbach gibt im Interview angehenden Journalisten Tipps, worauf sie im Presserecht achten müssen. Er war 1984 Mitgründer der Nachwuchsjournalisten in Bayern, seit 1994 ist er Rechtsanwalt bei der Münchner Medienrechtskanzlei Romatka & Collegen.
Herr Himmelsbach, was sind die drei größten presserechtlichen Fehler, die Journalisten begehen können?
Fehler Nummer eins: Sie missachten das Urheberrecht. Sicherlich ist es verlockend,aus dem Internet Fotos, Grafiken oder Texte zu übernehmen. Doch die sind meist urheberrechtlich geschützt. Selbst bei kostenlosen Angeboten muss man das Kleingedrucktegenau lesen. Häufig gibt es detaillierte Vorgaben, wie der Rechteinhaber bezeichnet werden muss.
Fehler Nummer zwei: Sie verletzen das Persönlichkeitsrecht. Promis im Urlaub zu fotografieren, Unfallopfer abzulichten, private Details auszuplaudern, persönliche Daten wie den Kontostand preiszugeben – all das verletzt meist das Persönlichkeitsrecht.
Fehler Nummer drei: Sie lassen sich einschüchtern. Brüllen gehört zum Geschäft. Nicht jeder, der von einer Recherche betroffen ist, ist davon begeistert. Gerne wird dann mit „seinem Anwalt“ gedroht. Oder der Anwalt schickt ein „Warnschreiben“ an die Redaktion. Dadurch sollte man sich aber nicht von der Recherche abbringen lassen. Vor allem dann nicht, wenn man ein ernsthaftes Informationsinteresse hat und das Thema für die Öffentlichkeit von Bedeutung ist.
Worauf müssen Journalisten achten, um diese Fehler nicht zu begehen?
Sie sollten ein gewisses rechtliches Grundwissen haben. Es gibt Bildungseinrichtungen, Berufsverbände, Gewerkschaften oder den MedienCampus Bayern, bei dem auch der NJB Mitglied ist. Diese Einrichtungen bieten Schulungen für Journalisten im Presse- oder Urheberrecht und zu speziellen Themen wie etwa Onlinerecht an. Natürlich empfehle ich auch die Teilnahme an unserem NJB-Medienrechtsseminar im November.
Welche juristischen Folgen einer Presserechtsverletzung gibt es?
Denkbar sind Unterlassungsansprüche, Ansprüche auf Gegendarstellung, Berichtigung (etwa Richtigstellung und Widerruf) und auch Schadensersatzansprüche. Bekannt ist vor allem der „Schmerzensgeldanspruch“, der juristisch richtig als „Geldentschädigung“ bezeichnet wird. Mit dem Unterlassungsanspruch will der Betroffene erreichen, dass die Veröffentlichung zum Beispiel eines Fotos oder eines Textes nicht wiederholt wird. Stellt eine Zeitung ihre Inhalte auch ins Internet, muss die entsprechende Passage aus dem Internetangebot entfernt werden.
Was sind die Voraussetzungen, damit eine Zeitung oder ein Blog eine Gegendarstellung abdrucken muss?
Zunächst: Im Printbereich sind nur Zeitungen und Zeitschriften, also periodische Druckwerke, verpflichtet, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Ein Blog muss eine Gegendarstellung nur dann veröffentlichen, wenn es sich um ein journalistisch-redaktionelles Angebot handelt. Wer seinen Blog nur alle paar Wochen aktualisiert, muss also keine Gegendarstellung veröffentlichen, möglicherweise aber eine Richtigstellung oder einen Widerruf.
Eine Gegendarstellung ist nur zu einer unrichtigen Tatsachenbehauptung möglich. Bei Meinungsäußerungen – etwa: etwas ist „gut“ oder „schlecht“, „teuer“ oder „billig“, „groß“ oder „klein“ – gibt es keine Gegendarstellung. Dann gibt es für die Gegendarstellung noch zahlreiche formel- le Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: zum Beispiel eine Unterschrift, die Gegendarstellung darf nicht zu lang sein, die Entgegnung darf sich nur auf die falsche Tatsachenbehauptung beziehen und so weiter. Es ist selbst für Profis nicht immer einfach, eine Gegendarstellung zu formulieren, die auch gerichtlich durchsetzbar ist.
Und für eine Berichtigung?
Hier gilt Ähnliches: Auch eine Richtigstellung oder ein Widerruf sind nur bei unrichtigen Tatsachenbehauptungen möglich. Außerdem muss die Äußerung für den Betroffenen noch eine Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts darstellen, wenn er die Berichtigung fordert. Hat die Redak- tion von sich aus eine ausreichende Korrekturmeldung gebracht, gibt es keinen Anspruch mehr auf eine Richtigstellung.
Presserechtliche Auseinandersetzungen beginnen üblicherweise mit einer Abmahnung. Wie soll ich mich als Journalist verhalten, wenn ich abgemahnt werde?
Hier gilt vor allem Regel Nummer drei von oben: Ruhe bewahren. Erst nachdenken, wie man darauf reagiert. Es ist wenig sinnvoll, sofort Zugeständnisse zu machen. Ebenso wenig ist es vernünftig, eine Abmahnung nicht zu beachten. Das führt im Zweifel zu einem Gerichtsverfahren und löst damit nicht unerhebliche weitere Kosten aus. Wer nicht weiß, wie er sich bei einer Abmahnung verhalten soll, sollte rechtlichen Rat in Anspruch nehmen. Der kostet zwar etwas, hilft aber, weiteren Ärger zu vermeiden.
Unter welchen Bedingungen darf ich einen von mir verfassten, veröffentlichten Artikel nochmals an anderer Stelle veröffentlichen, also zweitverwerten?
Zunächst kommt es darauf an, welche Vereinbarung man mit seinem Auftraggeber getroffen hat. Ist nichts vereinbart worden, erlaubt zwar das Urhebergesetz zum Beispiel bei der Veröffentlichung in einer Zeitung sofort auch die Zweitverwertung des Beitrags durch den Autor. Wer einer Zeitschrift einen Artikel zur Verfügung stellt, kann diesen „im Zweifel“, wie es im Gesetz heißt, ein Jahr nach dessen Erscheinen woanders veröffentlichen. Trotzdem sollte man immer daran denken, dass man von seinem Auftraggeber weiterhin Aufträge erhalten möchte. Meistens gehen die Verleger wohl davon aus, dass Beiträge nicht gleichzeitig in mehreren Medien erscheinen.
Herr Himmelsbach, vielen Dank für das Gespräch!
Ihr möchtet mehr über Presserecht erfahren? Der NJB e.V. veranstaltet am 28.11.2015 ein Medienrechtsseminar mit Gero Himmelsbach im PresseClub München. Infos und Anmeldung unter: marco.runge@njb-online.de.
Dieser Text erschien in der NJB edition aufbruch.
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