Um Journalistin zu werden, muss man nicht umsonst arbeiten. Ein Erfahrungsbericht unserer Autorin Patricia Noba, die in Ecuador mit dem Journalismus anfing.
von Patricia Noboa
Zu Recht wird Journalismus viel mehr als eine Lebensweise als ein Beruf betrachtet. Es ist die Verantwortung, verschiedene Geschichten in der Welt zu verbreiten, und die Möglichkeit, unterschiedlichen Realitäten näher zu kommen. Während des Studiums lernt man, wie man sich besser ausdrücken kann oder wie man technische Prozesse für das Publikum vereinfacht; aber nur durch den Kontakt mit den Leuten im Verlauf des alltäglichen Abenteuers lernt man, menschlicher zu sein – diese Art von Empathie, um sich an unterschiedliche Kontexte anzupassen und die Leute zu verstehen. Nein, nicht nur zu verstehen, sondern auch aus ihrer Sicht die Welt zu sehen und zu fühlen.
Als Journalistin in Ecuador zu arbeiten ist nicht einfach, gerade in dieser Zeit, wo die Entwicklung der politischen Situation nicht vorhersehbar ist. Ich habe mit 20 Jahren, 2010, als Praktikantin für Investigativjournalismus beim Fernsehen angefangen. Damals dachten die Leute noch, dass man umsonst arbeiten müsse oder wie in meiner Heimat gesagt wird „pagar piso“ – die härteste Arbeit übernehmen und ein bisschen leiden, um sich seine Position in den Medien zu verdienen. Gott sei Dank habe ich diese Aussage in den letzten Jahren immer seltener gehört.
Seit 2013 haben wir in Ecuador ein neues Kommunikationsgesetz, das erste in Wirklichkeit, wenn man ehrlich ist. Trotz vieler Beeinträchtigungen und aller Kontroversen darüber, wie es angewendet wird, werden heutzutage alle Journalisten für ihre Arbeit mit mindestens 854,26 US-Dollar monatlich entlohnt. Einen Job in den Medien zu finden ist immer schwieriger, und viele Absolventen müssen in anderen Branchen suchen, die nicht viel mit Journalismus zu tun haben; meistens handelt es sich um Unternehmenskommunikation und PR. Nach meinem Praktikum, wo ich tatsächlich sehr viel gelernt habe, arbeitete ich für den öffentlichen Fernsehsender Ecuadors als TV-Produzentin für ein Jugendmagazin.
Die Chance, junge Talente in den Schulen und Universitäten aus dem ganzen Land jeden Tag zu entdecken, sie in Szene zu setzen und den Massen präsentieren zu dürfen, hat mich sehr glücklich gemacht. Dagegen sprach, dass die Sendung in einer Co-Produktion entstand, durch eine Firma und den Fernsehsender, und die Verträge sehr kurzfristig waren. Von daher gab es kaum Stabilität für die Mitarbeiter. Diese Situation wiederholt sich immer wieder in Ecuador – nicht nur im Journalismus, sondern auch auf dem ganzen Arbeitsmarkt.
Zuletzt habe ich als Journalistin für das Radio auch einige Erfahrungen sammeln können, als Nachrichtenproduzentin und Moderatorin bei einem Lokalradio in der Hauptstadt Quito. Oft musste ich über schwere Ereignisse berichten, aber immer einen Kompromiss schließen zugunsten der Förderung der Meinungsfreiheit als Grundlage der Demokratie. Der Weg ist sehr aufwendig, jeden Tag stand ich um 4 Uhr morgens auf, um Nachrichten zu lesen und die erste Sendung für 6 Uhr vorzubereiten. Von 7 bis 9 Uhr war ich vor dem Mikrofon und hatte auch die Chance, direkt mit unseren Hörern zu sprechen. Jeden Morgen ein neues Abenteuer voller Emotionen; meine Arbeitstage endeten immer um 21 Uhr abends.
Nach zwei Jahren meines Masterstudiums in Deutschland sehe ich die Medien als eine größere Macht, die ganz stark die öffentliche Meinung beeinflussen kann. Als Plattformen, wo sich heutzutage jeder einen Raum zur Meinungsäußerung suchen kann – und das ist, klar, immer ein Vorteil. Die Verantwortung ist nur für uns Journalisten größer, die Debatte gerecht zu führen, alle Stimmen gut zu hören und sie innerhalb des Möglichen objektiv zu analysieren.
Jedes Land hat seine eigenen verschiedenen Probleme; gerade mit der Einwanderungskrise in Europa befindet sich Deutschland in einer komplexen Situation. Aber wir Leute hier sollten erst mal lernen, dies zu schätzen, in der Vielfalt liegt der Reichtum. Als Studentin in Bonn hatte ich die Gelegenheit, jeden Tag in einer internationalen Umgebung zu verbringen, und das bedeutete für mich eine Bereicherung in Bezug auf Toleranz, Menschlichkeit und Völkerverständigung. Diese andere Fähigkeit, über die ich am Anfang geschrieben habe.
Deswegen ist es natürlich unsere Verantwortung, aber nicht nur als Journalisten, sondern auch als Bürger, die Medien immer kritischer zu gebrauchen und mehr zu hinterfragen, damit die Qualität des Journalismus sich verbessert und er nicht nur lauter oder attraktiver wird. Journalismus ist kein Beruf, in dem man urteilt – am wenigsten über Dinge, die nicht bewertbar sind, wie die Staatsangehörigkeit, die in keinem Fall schlecht, gut oder besser als eine andere ist. Dieser Beruf ist die Gelegenheit, Brücken zu bauen, um unterschiedliche Denkweisen zu verstehen und zu verknüpfen. Wir alle können diese Chance nutzen. Der perfekte Raum, um Journalismus auszuüben, ist überall und immer.
Patricia studiert an der Deutsche Welle Akademie und lebt zwischen Ecuador und Deutschland. Sie twittert unter @PatyeNoboa.
Dieser Artikel ist ein Beitrag der edition ausland.