„Das Leben als freier Journalist kann auch in diesen Zeiten Spaß machen. Man kann über die Runden kommen, wenn man es richtig anpackt. Und es ist ein gutes Gefühl, für sich selbst zu arbeiten.“ –Tobi Zick
Jour Fixe vom 19.07.2011 im Presseclub München
Protokoll von Christoph Behrens, NJB, München
„Wie verkaufe ich meine Texte?“ mit dem freien Journalisten Tobias Zick
Tobi Zick hatte sich auf der Henri-Nannen-Schule Hamburg schon ausgemalt, eines Tages als Freier zu arbeiten, zunächst aber an eine klassische Redaktionskarriere gedacht. Aber: Im Jahr 2003, kurz nach der Medienkrise, gab es so gut wie keine Redakteursstellen. Wirtschaftsmagazine machten dicht, Zeitungen entließen Leute. Von 17 Mitschülern hatten am Ende nur 3 ein Angebot auf Festanstellung. Der Rest wollte gleich frei arbeiten. Mittlerweile blickt Tobi Zick auf sieben Jahre Freiberuflichkeit zurück. Am 19. Juli erzählte er deshalb ein paar angehenden Journalisten des NJB, wie das so ist als „Freier Journalist“.
Zicks Kommilitonen wussten, es wäre heikel, sich als Einzelkämpfer durchzuschlagen. Deshalb gründeten sie gemeinsam den Journalistenverbund „Plan 17“. Zick sagt, sie hätten wohl alle gespürt, dass die Medienwelt im Wandel begriffen war und die „Ego-Karrieredenke“ vielleicht bald ausgedient hätte. Da alle aber recht unterschiedlich waren, einigten sie sich auf einen losen Zusammenschluss in der Rechtsform einer GbR. Die Idee von Plan 17 war es, sich untereinander mit Kontakten zu unterstützen. Falls jemand sich mit einem angefragten Thema nicht so gut auskannte, gab er es an einen anderen weiter. Oder umgekehrt: Falls jemand ein gutes Thema hatte, aber keinen Abnehmer, kannte vielleicht ein anderer von Plan 17 einen Chefredakteur, der sich dafür interessierte. So ein Konstrukt wie Plan 17 bot laut Zick nach innen eine „psychologische Abfederung“ für die Journalisten. Nach außen wirkte es wiederum wie ein geschlossenes Konstrukt. Auch andere Mediendienste wurden auf die ungewöhnliche Idee aufmerksam und berichteten darüber, was wieder Aufträge generierte.
Einen Satz sagt Tobi Zick an diesem Abend sehr oft: Solidarität zahlt sich aus!
Andere Beispiele für Zusammenschlüsse:
– Agentur Zeitenspiegel, wo jeder seine Honorare in eine gemeinsame Kasse einzahlt und jeder daraus ein Festgehalt bezieht (www.zeitenspiegel.de)
– „Freischreiber“: Ein Berufsverband, der die Interessen freier Journalisten vertritt. Unter anderem in Foren und Regionalgruppen tauschen sich die Mitglieder über Finanzen und Redaktionen aus. Die Freischreiber haben 450 Mitglieder und unterhalten auch in München eine Vertretung. (Termin: Immer der erste Montag des Monats, an wechselnden Orten). www.freischreiber.de
Wie kommt die Geschichte zum Abnehmer?
Laut Zick steht am Anfang idealerweise die Idee der Geschichte, die man leidenschaftlich machen will. Dann sucht man sich den Kanal, also das etablierte Medium, durch den man sie schicken will. Die Erfahrung zeige, dass es schwierig ist, „einfach etwas hinzumailen“. Außerdem sei dann die Gefahr groß, dass die Mail einfach untergeht. Besser sei es, in der Redaktion anzurufen und etwas zu sagen wie: „Hallo, ich bin freier Journalist und würde gerne mit Ihnen zusammenarbeiten.“ Besser noch: einen Termin vereinbaren, zum Kaffee treffen, einen „Kommunikationsprozess anstoßen“.
Was aber, wenn man jung und unbekannt ist? „Zwei, drei Arbeitsproben zusätzlich zum Exposé mitschicken schadet nicht“, sagt Zick. Eine eigene Website mit Arbeitsproben und Lebenslauf ist psychologisch oft ein Kriterium für Redakteure, wirkt professionell und ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.
Viele Medien haben einen ganz bestimmten Dreh, den man kennen sollte. Die NEON klopft ihre Themen beispielsweise immer auf die Frage ab: Was hat das mit dem Leben des Lesers zu tun? Der Stern möchte einen „Küchenzuruf“, den einst Henri Nannen erfand: Schatz, stell dir vor was ich heute im Stern gelesen hab… und dann besagter „Küchenzuruf“. In der Werbebranche ist das als „Elevator Check“ bekannt. Angenommen, man hat nur 15 Sekunden Zeit, ein Thema, eine Idee zu vermitteln, wie würde man das tun? Das ist der Küchenzuruf, der in jedem guten Exposé enthalten sein sollte.
Wie schreibt man ein gutes Exposé?
„Das Exposé soll eine Tür aufstoßen und darf deshalb gerne etwas zugespitzt sein“, sagt Zick. Ein gutes Beispiel dafür seien die Teaser auf Spiegel Online. Man muss laut Zick knackig herausarbeiten:
– Wo liegt die Problemstellung, wo ist der Konflikt?
– Was ist der Nachrichtenkern der Geschichte?
– Warum für die Leserschaft dieses Magazins genau diese Geschichte, zu genau diesem Zeitpunkt, aus dieser Perspektive?
Außerdem müsse man beim Exposé schon recht magazinig titeln: Statt „Öl im Nigerdelta“ schreibe man besser „Das schwarze Gift“. Das Exposé ist laut Zick eine erste, wichtige Stilprobe. Der Einstieg kann ruhig schon im Reportage-Stil geschrieben sein. Nicht total nachrichtlich schreiben, sondern im Zweifel lieber erzählerisch und auf einen „Küchenzuruf“ zugespitzt. Es sollte klar werden, dass man sich konzeptionell Gedanken gemacht hat. Im Zweifel dürfe das auch erst mal eine halbe Seite sein, es genüge erstmal, Aufmerksamkeit zu wecken.
Wichtig: „Redaktionen möchten immer das Gefühl haben, an der Entstehung einer Geschichte mitgewirkt zu haben.“ Deshalb nie den fertigen Text schicken! (Ein Tischler baut ja auch keinen Tisch ohne den Auftrag dazu bekommen zu haben.)
Wichtig ist laut Zick bei einem solchen Prozess, immer mit offenen Karten zu spielen. Man kann ruhig offen kommunizieren: „Bitte um Rückmeldung bis Termin XY; andernfalls würde ich die Geschichte anderswo anbieten. etc.
Eine Zweitverwertung sei oftmals möglich, müsse aber mit den Redaktionen ganz genau abgesprochen werden (Stichwort: Mit offenen Karten spielen). Offenheit vermeidet Konflikte!
Knackpunkt Bezahlung
„Journalismus ist eines der sehr wenigen Berufsfelder, wo der Abnehmer den Preis diktiert.“
„Würde ein Tischler, nachdem er seinen Tisch abgeliefert hat, fragen: ‚Und, was zahlen Sie so üblicherweise für so einen Tisch?‘“ fragt Zick. Die Preisbildung sei im Journalismus leider „völlig auf den Kopf gestellt“. Eigentlich müsse es selbstverständlich sein, dass der Autor den Wert seiner Arbeit bemisst. Eine probate Vorgehensweise sei es, selbst zu definieren, welchen Umsatz man braucht um seine Ausgaben zu decken. Man müsse sich „zwingen, eine kaufmännische Denkweise zuzulegen“, sagt Zick. Immer daran denken: Ich muss meine Miete bezahlen! Das Problem sei, dass das Renditedenken der Verleger und der Idealismus der Journalisten kein gutes Paar seien. Deshalb werde auch bei den Honoraren für Freie als erstes gekürzt. Zick macht für seine Arbeit oft eine Mischkalkulation auf: Er teilt seine Jobs ein nach den Kriterien „Prestige, Spaß und Geld“. Was sehr schwer funktioniere, sei sich erst für lau zu verkaufen und dann erst etwas zu verlangen. „Wenn man einmal was umsonst gemacht hat, fällt es später umso schwerer, Forderungen zu stellen.“
Trotz unsicherer Zeiten als Freier weiß Tobi Zick auch um die Vorteile der Freiberuflichkeit:
„Wenn man mehrere Säulen hat und eine bricht weg, hat man immer noch die anderen. Ein Redakteursjob kann auch manchmal unsicher sein.“