Nachbericht zur Medienexkursion nach Köln und Bonn – erstmals veröffentlicht in „edition: abenteuer – Das neue Heft der Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V.“, Ausgabe eins / Oktober 2013
TViva Colonia – NJB auf Medienexkursion am Rhein
Von Björn Czieslik
Der Dom, Karneval und aus bayerischer Sicht viel zu kleine Biergläser – das ist es, was viele mit Köln verbinden. Doch Köln ist neben München, Hamburg und Berlin auch eine der großen deutschen Medienmetropolen.
Mit dem WDR residiert die größte ARD-Anstalt am Rhein. Nur einen Katzensprung entfernt, am anderen Rheinufer, sitzt der private Marktführer, die Mediengruppe RTL Deutschland. Drumherum haben sich unzählige Produktionsfirmen angesiedelt, die Köln zur deutschen TV-Hauptstadt machen. Grund genug für die 17-köpfige NJB-Gruppe, Anfang Juni für drei Tage vor Ort selber zu erkunden, wie Köln so tickt.
Beim Deutschlandradio erfuhren wir in der Diskussion mit Christian Schütte, dem Redaktionsleiter des jungen Digitalprogramms DRadioWissen, dass sein Sender nicht bloß auf Wissenschaftsthemen abzielt, sondern den Hörern und Online-Nutzern das Wissen vermitteln will, um bei aktuellen Themen mitreden zu können.
Am Abend waren wir als Studiozuschauer bei der „stern TV“-Livesendung dabei. Verblüffend war die Erkenntnis, wie viel kleiner ein Studio in der Realität ist, als es im Fernsehen wirkt. Moderator Steffen Hallaschka überzeugte während der Sendung durch Sympathie und Professionalität. Noch bis wenige Sekunden vor Ende der Webeblöcke scherzte er mit den Zuschauern, um kurz darauf souverän die nächsten Beiträge anzukündigen.
Bei einem Besuch bei RTL Deutschland diskutierten wir mit RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger über Casting- und Coachingshows, Scripted Reality und die Bedeutung der Quoten. „Großer Fehler von Fernsehmachern ist, Programm nur für sich selber machen zu wollen“, erklärte Sänger. Das Ziel von erfolgreichem Unterhaltungsfernsehen sei, Masse zu erreichen – und das heißt bei RTL: ein Millionenpublikum. Dennoch ließen sich Erfolge nicht mit Sicherheit planen: „Programm machen kann man nur mit gut 50 Prozent Bauchgefühl“, so Sänger. Im Anschluss gab es noch einen Einblick in das virtuelle Studio, das in giftgrün gestrichen als Kulisse für „RTL aktuell“ und Co dient.
Von RTL ging es zu ProSiebens Allzweckwaffe Stefan Raab. Obwohl „TV total“ seine besten Zeiten hinter sich hat, füllt Raab das Studio problemlos mit einigen hundert, überwiegend jungen Zuschauern. Bei der Aufzeichnung erlebten wir auch, wie beim Fernsehen „getrickst“ wird: Der angekündigte Auftritt der Band „Frida Gold“ war bereits Tage zuvor aufgezeichnet worden – das falle dem Zuschauer zu Hause aber nicht auf, scherzte Raab: „Ich habe ja eh immer das gleiche an“.
Am letzten Tag reisten wir weiter nach Bonn zu Phoenix, dem Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF. Matthias Kröll, der technische Leiter von Phoenix, erklärte uns, wie es Phoenix schafft, Personal und Technik bei geringem Budget besonders effektiv einzusetzen. Die Sendeabwicklung und Live-Regie sind beispielsweise zusammengefasst – das ermöglicht es, innerhalb kürzester Zeit live auf Sendung zu gehen. Bei nur rund 90 Mitarbeitern sind auch die Moderatoren voll gefordert. Sie schreiben ihre Texte selbst und bedienen den Teleprompter per Fußpedal. Michael Kolz, der als stellvertretender Programmgeschäftsführer auch regelmäßig die Sendung „Der Tag“ moderiert, genießt dennoch die „große Freiheit, die in den Mutterhäusern so nicht möglich wäre“.
Ein Besuch bei der Deutschen Welle rundete unseren Besuch am Rhein ab. Der aus Steuergeldern finanzierte Auslandsrundfunk verbreitet in mehr als 30 Sprachen im Radio, Fernsehen und Online deutsche Themen ins Ausland bzw. eine deutsche Sicht auf die Welt.
Die Medienexkursion bot einen erkenntnisreichen Einblick in die Medienwelt und lässt den einen oder anderen Fernsehen künftig vielleicht mit anderen Augen sehen.
Björn Czieslik ist seit 2010 NJB-Mitglied und hat die Medienexkursion organisiert. Er arbeitet als freier Journalist in München, u.a. für turi2.de und Radio Feierwerk.